Um zu gewinnen…

…muß man zuerst verlieren. Jedenfalls scheint diese Regel beim Poker auf beinahe alle neuen Spieler zuzutreffen. Wenn man sich den Verlauf der Gewinne respektive Einbußen der meisten Pokerspieler ansieht, dann stellt man fest, daß so gut wie jeder zu Beginn seiner Karriere eine ordentliche Talfahrt erlebt. Warum? Wie können Sie das vermeiden?

Nun, um ehrlich zu sein: Sie werden es wohl kaum vermeiden können, wenn Sie neu mit Poker starten. Der Beginn ist ein Lernprozeß, den man eben leider durchmachen muß. Sie können noch so viel um Spielgeld spielen, wenn es ums Eingemachte geht, werden Sie meist am Anfang eine Eingewöhnungsphase durchmachen. Sie mögen genau wissen, welche Karten Sie spielen sollten und welche nicht, wann Sie folden sollten,… aber dennoch wird Sie oft dieses Gefühl überkommen, daß Sie gerade jetzt diese oder jene Regel nicht einhalten müssen, wollen oder sollten. Und Sie werden im Normalfall dafür bezahlen. Genau deshalb gibt es eben diese Regeln, diese Strategien (für diejenigen unter Ihnen, die sie noch nicht gelesen haben, seien unsere Strategieartikel sehr ans Herz gelegt – allen voran meine persönlichen Favoriten, die Sit & Go Strategie und der niemals zu vernachlässigende Beitrag darüber, welche Bedeutung Ihre Bankroll für Ihr Pokerspiel hat – das sollte Ihnen unbedingt in Fleisch und Blut übergehen, weil es Sie vor einer zu großen und abrupten Talfahrt schützen kann und wird).

Warum kommt es nun zu diesem erwähnten Echtgeld-Schock und den darauf folgenden Niederlagen? Tja… die meisten von uns spielen völlig anders, wenn es um nichts geht. Man kann entspannter spielen, mutiger, riskanter. Nicht alles davon ist gut. Während entspanntes Spielen sehr wichtig ist, weil ein ängstlicher Spieler meist dumme Fehler macht bzw. sich im entscheidenden Moment nicht traut, die Chancen zu seinen Gunsten auch tatsächlich zu nützen, wird riskantes Spiel meist in den Untergang führen – es sei denn, man weiß genau, wann und wo man riskieren soll und darf. Aber ganz abgesehen davon: Wissen Sie tatsächlich noch, wie viel Spielgeld Sie gewonnen und verloren haben? Die meisten von uns erinnern sich primär an große Gewinne und wie toll wir da gespielt haben. Bei Niederlagen – vor allem “unglücklichen” – sind wir nicht gar so gut mit dem Erinnerungsvermögen, solange es eben um nichts geht. Ein Bad Beat wird als solcher angesehen (auch wenn er es oft nicht einmal sein mag sondern wir die Situation einfach nur sehr schlecht eingeschätzt haben) und sofort abgehakt, weil wir “haben ja alles richtig gemacht”. Tja – wenn es um echtes Geld geht, kann sowas schon einigermaßen fatale Folgen haben. Und das ist nur eine der typischen Anfängerfallen.

Warum um Geld spielen?

Das Prinzip ist so alt wie die Menschheit. Es geht um den Wettkampf, das Messen mit den Gegnern. Und wie bei Wetten aller möglichen Arten geht es um das Kribbeln, den Reiz, etwas gewinnen zu können. Ob es nun die gelegentliche Wette unter Freunden ist, bei denen es oft um ein Bier oder ähnliches geht, ob es eine Sportwette ist, die Lotterie, ein Spiel beim Roulette oder eben Poker: Man glaubt, entweder den Freund, den Wettanbieter, das System oder beim Poker die Gegner besiegen zu können. Und beim Poker ist es wohl noch am stärksten beeinflußbar (wenn man es auf lange Sicht sieht und nicht nur auf eine einzelne Hand beschränkt), weil das eigene Können dabei eine große Rolle spielt.

Macht es aber Sinn, um Geld zu spielen, wenn wir nun doch wissen, daß uns zu Beginn eine Talfahrt droht? In der Tat. Es gibt mehrere Argumente dafür, und sei es nun einfach nur der Reiz am Spiel, der dadurch steigt. Viele Spieler, mit denen ich darüber geredet habe, haben mir erklärt, daß es ihnen gleichgültig sei, wenn sie die Summe, die sie sich für diesen Abend (oder einen beliebigen Zeitraum) auf die Seite gelegt haben, verspielt hätten, weil sie dafür Unterhaltung und Nervenkitzel bekommen haben – und weil sie diese Summe eben dafür reserviert haben. Man kann das vielleicht mit einem exklusiven Essen, einer Nacht in der Disco, einem Urlaub am Meer, … vergleichen: In jedem dieser Fälle bekommt man etwas für sein Geld, nämlich Genuß, Unterhaltung, Erholung. In jedem dieser Fälle bezahlt man Geld für einen immateriellen Wert und ist im Normalfall glücklich darüber – sonst würde man sich ja nicht freiwillig dafür entscheiden. Beim Pokern bekommt man ebenfalls Unterhaltung geboten mit der Option dabei sogar mit mehr Geld auszusteigen als zuvor.

Während das stimmen mag, wäre das alleine für mich wohl nicht genug Anreiz. Der eigentliche Grund, warum ich meine, man sollte diese anfängliche Talfahrt auf sich nehmen, ist der, daß der Großteil der Spieler einfach mit der Zeit deutlich besser wird. Wer sich also bewußt macht, daß es sich um eine Lernphase handelt, und wer daraus auch seine Konsequenzen zieht, aus seinen Fehlern lernt, sich über diverse Strategien und Bücher informiert, der wird in weiterer Folge normalerweise auch beginnen, ein gewinnender Spieler zu werden. Das Geld, das ständig beim Poker gewonnen wird, kommt zum Großteil von neuen Spielern, die dann die Flinte ins Korn werfen, weil sie die frühen Niederlagen überraschen und entnerven. Vor allem dann, wenn sie sich nicht wirklich strikt an das bereits erwähnte Bankroll Management halten – denn dann kann es wirklich teuer und schmerzhaft werden.

Wenn Sie ein langfristig gewinnender Spieler sein wollen, brauchen Sie viel Disziplin, Lernbereitschaft und Ausdauer. Und weil ich es nicht oft genug betonen kann: Spielen Sie NIEMALS um Geld, das zu verlieren Sie sich nicht leisten können! Wenn Sie das tun, werden Sie immer langfristig verlieren. Und dann tut es weh. Sehen Sie Poker vor allem zu Beginn einfach als Zeitvertreib an, ein Zeitvertreib mit dem Potential später vielleicht mehr als nur das zu sein. Aber glauben Sie bitte nicht, daß Sie sofort um das große Geld mitspielen. Aller Anfang ist schwer.