Pokerstrategie für erfahrene Pokerspieler – Schau mir in die Augen, Kleines

Wir kennen es doch alle. In beinahe jedem Liebesfilm behauptet einer der Protagonisten, daß der durch die Augen seiner Geliebten direkt in ihre Seele sehen kann. In beinahe jedem Film, in dem Poker oder ähnliche Spiele vorkommen, kann der Hauptdarsteller in den Augen der Gegner erkennen, was sie denken und ob sie bluffen oder nicht. In manchen Filmen sieht er sogar, wie sich die Karten des jeweiligen Gegenspielers in der Pupille spiegeln. Ja, es handelt sich um Filme, da darf schon mal übertrieben werden, wenn es der Handlung hilft.

Es ist aber durchaus etwas dran, wenn es um Live Poker und die Augen geht. Nein, Sie werden auch nach diesem Blogartikel nicht in der Lage sein, das Herz As und den dazu passenden König in den Augen des nervenden Maniacs gegenüber zu sehen. Sie werden jedoch in der Lage sein, gewisse Tendenzen sowie klare Hinweise erkennen zu können, wenn Sie die Augen Ihres Gegners genau beobachten. Und Sie werden Ihre Pokerstrategie dementsprechend umstellen bzw. auf die Situation zuschneidern können.

Ich habe in der Vergangenheit bei zahlreichen Live Pokerturnieren feststellen können, daß sehr viele Spieler vor allem beim Flop sehr stark reagieren. Das äüßert sich am unwillkürlichsten bei den Augen. Man kann versuchen, seine Hände ruhig zu halten, sich nicht die Lippen zu lecken, aber die Augen unter Kontrolle zu halten bedarf unglaublicher Konzentration und viel Übung.

Die Augen vor dem Flop

Wenn ein Spieler das erste mal seine Holde Cards ansieht, können Sie vielleicht sehen, wie sich seine Augen weiten oder die Augenbrauen ein wenig in die Höhe gehen. Selbst wenn es manchmal kaum merkbar sein mag, hat er soeben verraten, daß er mit seinen Hole Cards sehr glücklich ist. Am wahrscheinlichsten handelt es sich um Pocket Aces oder aber A-K suited oder auch off-suit.

Abhängig vom Spieler und seinem Verständnis von Poker kann es sich auch einfach um ein hohes Paar oder eine As mit beliebiger Karte derselben Farbe handeln. Schlechtere Spieler freuen sich schneller und gehen auch mit schlechteren Karten freudig ins Rennen.

Die Augen beim Flop

Die Augen beim Flop können besonders verräterisch sein. Manche Spieler rollen ihre Augen, wenn der Flop kommt und eine As dabei ist. Ein gutes Zeichen, daß Ihr hohes Pocket Paar, ob nun K-K oder ein wenig niedriger, potentiell bereits von jemandem geschlagen wurde, der mit einer As in den Flop gegangen ist.

Sie werden manchmal auch Spieler bemerken, die geradezu euphorisch reagieren, wenn der Flop auf den Tisch gelegt wurde. Es dauert meist nur einen kurzen Augenblick, dann besinnen sie sich wieder und versuchen ganz neutral zu wirken. Aber für jemanden, der im Beobachten geübt ist, sind nun diese Karten wie ein offenes Buch. Versuchen Sie aufgrund des Flops herauszufinden, welche Karten solch ein Spieler haben könnte. Am besten nehmen Sie die stärkste mögliche Hand an – und im Normalfall werden Sie damit sehr nahe liegen, wenn nicht gar ganz exakt.

Passen Sie auch genau auf Spieler auf, die nach dem Flop nochmals in ihre Hole Cards schauen. Es handelt sich im Normalfall um relativ schwache oder zumindest neue Pokerspieler, die sich ihre Karten nicht gemerkt haben. Es kommt je nach Stakeleveln an manchen Tischen häufiger vor als an anderen.

Wenn der Flop 3 Karten derselben Farbe zeigt und der Spieler seine Pocket Cards einsieht, wird er im Normalfall eine off-suited Kombination haben und schaut, ob eine der beiden Karten die passende Farbe hat. Wenn am Flop 2 Karten derselben Farbe liegen sind seine Karte eher suited und er will nachkontrollieren, ob er tatsächlich die korrekte Farbe hat. In beiden Fällen hält er ein Flush Draw in der Hand.

Die Augen der Profis

Das Beobachten der Augen wird gegen professionelle oder zumindest sehr erfahrene Pokerspieler schon etwas schwerer – oder um ehrlich zu sein sogar deutlich schwerer. Diese Spieler haben gelernt, ihre Augen beim Spiel so aussagekräftig zu machen wie ein Poltiker vor der Wahl. Glauben Sie einfach nichts, was Sie in den Augen sehen. Im Normalfall werden Sie ohnehin nichts erkennen können. Sie könnten stattdessen auch gegen eine Wand starren. Das alleine sollte für Sie aber schon ein paar wichtige Dinge bedeuten.

Erstens: Lernen Sie daraus und konzentrieren Sie sich darauf, ebenfalls keinerlei Signale durch Ihre Augen zu senden. Am einfachsten wird es zu Beginn sein, jedesmal vor entscheidenden Momenten aktiv und bewußt daran zu denken, nichts zu verraten. Vor dem ersten Blick in die Hole Cards sagen Sie sich (bitte nur in Gedanken) vor, daß Sie cool bleiben und nicht reagieren werden. Vor dem Flop sagen Sie sich dasselbe. Auch bei Turn und River wäre es ratsam.

Zweitens: Wenn Sie erkennen, daß Sie bei einem Spieler nichts erkennen, wissen Sie, daß es sich um jemanden handelt, der nicht erst seit letzter Woche Poker spielt. Dementsprechend können Sie ihn einstufen.

Zum Abschluß noch ein kleiner Hinweis: Wenn Sie bei einem Turnier auf einen erfahrenen Pokerspieler treffen, kann es zu einem durchaus amüsanten Moment kommen, wenn Sie ihm genau in die Augen sehen, um seine Reaktion auf den Flop zu erkennen. Nämlich dann, wenn er Sie genauso intensiv anstarrt. Das führt im Normalfall zu zwei Dingen. Erstens sollte Ihnen bewußt werden, daß es sich hier um keinen Pokerneuling handelt sondern um einen ausgefuchsten Spieler. Verhalten Sie sich dementsprechend und gehen Sie nicht davon aus, daß er manchmal nicht weiß, was er tut. Und zweitens wird Ihnen dieser Spieler am Tisch deutlich mehr Respekt entgegen bringen, da er bei Ihnen dasselbe annimmt, was Sie nun von ihm denken. Ob das gerechtfertigt sein mag oder nicht, sei dahin gestellt. Aber Sie werden merken, daß er nun deutlich öfter seine Karten ablegen wird, wenn Sie einen Raise machen (und sich dabei keinerlei Gefühlsregung anmerken lassen).