Cash Game Strategie – Position & Hände

Mein letzter Beitrag handelte von der Vorbereitung für Cash Games und wenn Ihr Euch erinnert, habe ich kurz am Ende erwähnt, daß es offensichtlich Situationen gibt, in denen man gewisse Hände spielt, die man normalerweise lieber nicht spielen sollte. Nun, um das genauer zu erläutern, müssen wir uns vor Augen halten, daß Poker ein Spiel der Geduld aber vor allem auch der Information ist.

Information ist Trumpf

Hmm… kommt Euch das nicht bekannt vor? Hatte ich nicht am Ende meines vorigen Beitrages Cash Game Strategie – Einführung & Vorbereitung exakt dieselbe Überschrift verwendet? Ja, habe ich, aus gutem Grund. Während ich dort noch auf Informationen eingegangen bin, die Ihr vor dem Hinsetzen an den Tisch erhalten könnt, geht es jetzt um Informationen, die Ihr am Tisch selber in Erfahrung bringen werdet. Welche Information kann ich aber vor dem Flop einmal haben und ein andermal nicht? Nun, die Information, was Deine Gegenspieler für Karten haben, bzw. was sie machen. Wenn Du in einer frühen Position sitzt und beispielsweise als erster Spieler entscheiden mußt, ob Du Deine Karten weglegst, Du mitgehst oder gar erhöhst, hast Du noch keinerlei Ahnung, was die 9 anderen Spieler am Tisch für potentielle Karten haben und welche Aktionen Sie tätigen werden. Kommst Du als einer der Letzten oder gar Letzter dran, dann hast Du bis zu diesem Zeitpunkt schon allerhand über die Karten Deiner Gegner erfahren.

Aus diesem Grunde spiele ich viele Hände nur in später Position. Im Grunde genommen spiele ich in früher Position fast ausschließlich AA, KK, QQ, AK und wenn ich mal ganz lustig bin AQ (vorzugsweise suited) – alles andere folde ich beinahe ausschließlich. In später Position spiele ich dafür weit mehr und weit schlechtere Hände, je nach den Aktionen meiner Gegenspieler davor. A9, KQ, 77 und ähnliches zu spielen ist keine Seltenheit, wenn die Gelegenheit günstig ist. Wann ist die Gelegenheit nun günstig? Nun, wenn zuvor niemand erhöht hat (also niemand starke Karten gezeigt hat) und vielleicht sogar schon einige ausgestiegen sind, dann erhöht sich meine Chance, die besten Karten zu haben (oder zumindest erfolgreich so zu tun als ob) schon sehr.

Attackiere spät

Es gibt zahlreiche Diskussionen, welche Pocket Cards man in welcher Position spielen sollte und welche nicht, bei welchen Karten man erhöhen oder nur callen sollte, wie stark man Erhöhungen von Gegenspielern vor der eigenen Aktion bewerten sollte, und noch viel mehr. Ich persönlich finde, daß man das nicht gar so strikt sehen sollte und viel Fingerspitzengefühl entwickeln muß, um die Situationen jeweils richtig einzuschätzen. Ich empfehle Euch auch einen Blick auf die Tabelle, die Max in seinem Strategiebeitrag Sit & Go – Position und frühe Starthände erstellt hat – dort findet Ihr auch eine kurze Erläuterung der Positionen. Das sollte Euch eine gute Idee bezüglich der Hände und Eurer bevorzugten Aktionen geben, da dies auch auf Cash Games umlegbar ist.

Generell sollte man sich einfach wirklich sehr strikt an eine Regel halten: Spiele nie aus früher Position! Die wenigen Ausnahmen können genau so gut nach hinten los gehen. Wie oft passiert es, daß man mit KK in früher Position in den Pot einzahlt, nur um im Showdown die AA Kombi des Gegners zu sehen. Wie oft passiert es umgekehrt, daß man mit AA gegen JJ des Gegners verliert, weil er noch einen Jungen in den Community Cards dazu bekommt? Es ist ärgerlich, wenn man bei solchen Aktionen viel Geld verliert. Stattdessen sollte man ruhig die Härte haben, auch des öfteren gute Hände wie QQ oder JJ wegzulegen, wenn man das Gefühl hat, daß zumindest ein Gegenspieler eine wirklich gute Hand hat. Und wann kann man das am besten abschätzen? Eben, wenn man erst spät an der Reihe ist.

Mein Freund, der Bremser

Ich habe einmal einem Freund im Casino (bei einem Sit & Go, aber dieses Erlebnis kann man auch 1:1 auf Cash Games übertragen) über die Schulter geschaut und mich verzweifelt abgewendet als er Under the Gun sitzend QQ weggelegt hat. Pre Flop! Am Flop kam daraufhin AQ9 (was mich in meiner Annahme bestätigt hat, daß ein Raise pre-flop besser gewesen wäre, da ich nach dem allgemeinen Limpen vor dem Flop keinen der Spieler auf AA gesetzt habe) und der Pot stieg schnell an – ich nahm an, daß ein Spieler mit einer As getroffen hatte. Am Turn kam J, der Pot stieg weiter kräftig und ich wurde das erste mal nachdenklich. Jetzt könnte jemand theoretisch mit T8 oder KT bereits eine Straight haben. Und ehrlich gestanden waren einige der Spieler ziemlich loose und spielten viele Hände (auch nach Raises), die ich lange weggelegt hätte. Nun gut, die Wahrscheinlichkeit war dennoch eher gering und ich war nach wie vor überzeugt, daß er die beste Hand gehabt hätte. Wäre ich an seiner Stelle gesessen, wäre bereits mindestens mein halber Stack in der Tischmitte gewesen (sein Stack betrug umgerechnet ungefähr €500). Nun der River… auf dem Tisch liegt jetzt AQ9-J-J. Hmm… möglicherweise hat jemand eine Straight. Möglicherweise hat jemand JJ in der Hand und somit 4 Jungen. Möglicherweise hat jemand seine Pocket Aces langsam gespielt und hat 3 Asse. Nun wurden Berge von Chips in die Mitte geschoben, die gelinde gesagt jenseits von Gut und Böse waren. Plötzlich war ich mir meiner Sache nicht mehr so sicher. Schlußendlich hatte lediglich ein Spieler AQs, ein anderer Ax und der dritte nur eine High Card (und eine Lehrstunde darin, wie man nicht blufft). Mein Freund hätte also gewonnen. Aber nur, wenn er All-In gegangen wäre und das zu einem Zeitpunkt, wo man bereits davon ausgehen mußte, daß jemand anderer eine bessere Hand hatte.

Ich habe danach bei der Heimfahrt mit ihm über diese Hand gesprochen und er hat nur gemeint: “Bei den Typen hätte ich zu dem Zeitpunkt in einer frühen Position wahrscheinlich sogar AA weggelegt und mich entspannt. Einer ist ein unberechenbarer Maniac, der andere ein alter Fuchs, der selbst bei einem Straight Flush anfangs nur hinterher limped, um Dir anschließend das Geld aus der Tasche zu ziehen. Und die anderen an dem Tisch kannte ich nicht und konnte ich so früh am Abend noch nicht einordnen.” Er hat mir erklärt, daß er in den ersten beiden Runden generell ALLE Karten weglegt, es sei denn er ist in einer der Late Positions – dann spielt er die wirklich guten Hände zumindest einmal an. Sein Credo war, zuerst alle Spieler einschätzen und ihren Spielstil kennen zu lernen, dann mit dem eigenen Spiel beginnen. Er hat den Abend Übrigens als Zweiter beendet und den Maniac vom Tisch genommen. “Den nehm ich jedesmal raus, ich glaub, der ist schon ein wenig angeknackst.” Ich habe erfahren, daß das das fünfte mal in Folge war. Er hat gescherzt, daß er ihm langsam einmal zumindest einen Drink kaufen sollte, immerhin war das sowas wie ihr erstes Jubiläum…

In diesem Sinne, spielt in Euren ersten Cash Games wirklich nur aus später Position und riskiert nicht gleich all Euer Geld – es ist alles in allem besser, das ein oder andere mal einen Gewinn nicht zu machen, als einmal bei einem hohen Pot zu verlieren. In meinem nächsten Beitrag werde ich Euch noch abschließend ein paar allgemeine Tipps und Hinweise geben.