Cash Game Strategie – Allgemeines

Ich habe Euch vor kurzem bereits Teile der Cash Game Strategie näher gebracht und möchte heute gerne abschließend ein paar grundsätzliche Regeln abhandeln. Beim Pokern kann man nicht jede einzelne Hand gewinnen, das wäre utopisch. Das Ziel liegt auch nicht darin, jede Hand zu gewinnen, sondern insgesamt nach einem netten Abend mit mehr Geld vom Tisch aufzustehen als man zuvor an den Tisch mitgenommen hat. Wie soll das nun gehen?

Nehmen wir einfach zu theoretischen Zwecken an, Du spielst an einem Tisch mit insgesamt 10 Leuten (9 plus Du selber), es gibt keinen Rake (also kein Geld, das irgendwohin abfließt, alles bleibt am Tisch) und der Pot in jeder Runde ist gleich hoch. Wie gesagt, eine sehr theoretische Annahme zu Testzwecken. Wie viele Hände pro Runde müßtest Du gewinnen, um insgesamt kein Geld zu verlieren? Genau 1 aus 10 Händen. Das klingt nicht nach viel. Ist es auch nicht. Und genau das ist das Geheimnis – Du kannst ruhig Hände verlieren, und das wirst Du auch. Du mußt dabei nur aufpassen, daß Du bei Händen, bei denen Du bereits am Pot beteiligt bist, auch einmal einen Rückzieher machst, statt weiter in den Pot einzuzahlen. Und zwar dann, wenn Du weißt oder spürst, daß Du die schlechteren Karten hast. Es ist weit besser, wenn Du Dich einmal, zweimal, ach was, fünfmal aus den Pot bluffen läßt, als daß Du einmal All-In gehst und Deinen Stack verlierst.

Kenne Deine Odds & Outs

Ein weiterer sehr wichtiger Aspekt bei den Cash Games (aber nicht nur dort) sind die Odds und Outs. Man muß jetzt nicht ständig alle möglichen Zahlen im Kopf herum jonglieren, aber man sollte sich zumindest auch als blutiger Anfänger immer (und zwar immer, immer, immer) bewußt machen, wie viele Outs man hat und überlegen, wie wahrscheinlich es ist, daß man eines dieser Outs trifft. Gleichzeitig darf man nie aus den Augen verlieren, welche Kombinationen für die Gegner mit den Community Cards möglich sind und muß auf dementsprechendes Verhalten aufpassen. Oft wirst Du in der Lage sein, sehr genau vorherzusagen, welche Karten jemand hat – und das lediglich aufgrund seines Wettverhaltens.

Natürlich hat jeder Spieler seinen eigenen Stil, und das macht das Spiel ja auch so interessant. Es gibt sehr aggressive Spieler, die auch in frühen Positionen marginale Hände spielen und diese forcieren, was aber nicht mein Stil ist (und auch für Anfänger nicht empfohlen wird). Es gibt große Diskussionen darüber, ob ein erfolgreicher Spieler nicht viel aggressiver spielen muß, als es Anfängern nahe gelegt wird. Dazu sei gesagt, daß es wohl nie eine allgemein gültige und unfehlbare Entscheidung geben kann. Es obliegt jedem Spieler, die für ihn passende Spielweise zu finden und diese auch den Umständen entsprechend anzupassen.

Vermeide zu viele All-In Situationen

Denke immer daran, bei Cash Games liegt Dein Geld tatsächlich am Tisch. Das ist kein Turnier, bei dem Du Dich um €30+3 eingekauft hast und Deine 35.000 Chips knapp vorm Final Table setzt, weil Du es riskieren willst, damit Du am Final Table eine gute Position hast bzw. weil Du ohnehin schon müde bist. Das ist ein Spiel, bei dem Du Dich um €50 eingekauft hast, auf €80 hinaufgespielt hast und diese €80 jetzt vielleicht leichtfertig verspielst, anstatt die bisher in diesen Pot investierten €20 abzuschreiben und mit €60 noch immer im Plus da zu stehen. Stell Dir vor, wie ärgerlich es wäre, das ganze Geld wider besseren Wissens Deinem Gegner zu schenken. Leg stattdessen die Karten weg, steh vom Tisch auf und atme einmal tief durch und steig später wieder ein. Und das dann vielleicht ohne die bereits zuvor gewonnenen €10. Manchmal schreit eine Hand nach einem All-In. Manchmal kann das auch ein guter Schritt sein. Manchmal macht man damit wirklich viel Gewinn. Manchmal geht das aber nach hinten los und man steht plötzlich ohne Geld da. Blöd gelaufen. Deshalb vermeide ich persönlich mittlerweile tunlichst zu häufige All-In Situationen und warte auf meine Chance.

Gehe es ruhig an und riskiere nichts

Ich kann Euch jedenfalls nur stark dazu raten, in Euren ersten Cash Games sehr konservativ zu spielen, weil Ihr sonst Euer blaues Wunder erleben werdet. Vielleicht nicht beim ersten Spiel, vielleicht nicht beim zweiten… aber sicher relativ bald werdet Ihr Euch in einer Situation finden, in der Ihr dumm verliert, also aus eigener Schuld. Einfach weil Ihr Eurem Gegner erlaubt habt, Euch in etwas hineinzureiten, aus dem Ihr nicht mehr aussteigen wollt oder könnt. Gute Cash Game Spieler verstehen es, so zu erhöhen, daß sie ihrem Gegenspieler das Maximum aus der Tasche ziehen.

Ein letzter und ungemein wichtiger Tipp: Spiele niemals, niemals “on tilt”!! Das ist in einem Turnier schon schlimm genug, aber da ist irgendwann mal Feierabend und Du bist einfach draußen. Bei einem Cash Game aber kannst Du durch Tilt Deine gesamte Bankroll auf einen Sitz verlieren. Ich habe einige Freunde, denen genau das passiert ist. Sie alle haben daraus gelernt und ich weiß, daß es ihnen nie wieder passieren wird, weil Sie jetzt vom Tisch aufstehen, wenn sie ihren Stack verbraten haben und erst einmal eine längere Pause machen, bevor sie sich erneut an einen Tisch setzen. Tilt ist bei Cash Games gleichbedeutend mit Geldautomat für alle anderen Spieler an diesem Tisch.